Warum braucht es ein digitales Beitrittsformular?
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vertritt als Multibranchen-Gewerkschaft ca. 2 Millionen Mitglieder aus rund 1000 Berufen. Das Projekt Digilab ist im ver.di Querschnittsbereich Innovation und Gute Arbeit verortet. Um zukünftig noch besser mit den ver.di-Mitgliedern und Ehrenamtlichen die gewerkschaftlichen Ziele zu erreichen, entwickelt ver.di im Projekt Digitallabor praxistaugliche Prototypen und Modelle, die das digitale Arbeiten bestmöglich unterstützen sollen. Im Handlungsfeld „digitales Organisationshandeln“ werden in Zusammenarbeit mit der ver.di Fachgruppe „Luftverkehr & maritime Wirtschaft“ die digitalen Unterstützungsbedarfe von Haupt- und Ehrenamtlichen für diesen spezifischen Bereich identifiziert und Lösungen prototypisch umgesetzt.
Mit Hilfe von Interviews und Workshops von und mit ver.di-Vertreter*innen auf Bundes- und Landesebene wurde der Status Quo der Nutzung digitaler Anwendungen und die Bedarfe nach Unterstützungsleistungen für das Anwendungsfeld „digitales Organisationshandeln“ ermittelt. Das Ergebnis zeigte, dass ein Fokus auf Unterstützungsbedarfen in den Bereichen Kampagne & Mobilisierung als auch Organisierung & Mitgliedergewinnung lag. Grundsätzlich wurde der Bedarf erklärt, dass ver.di die Digitalisierung v.a. nutzen sollte, um Mitglieder zu gewinnen, diese stärker in die gewerkschaftliche Arbeit einzubeziehen, die Kommunikation zu verbessern und die Arbeit zwischen Ehren- und Hauptamt zu erleichtern.
Entwicklung mit Design-Thinking – Wie war das Vorgehen?
Die prototypischen Entwicklungen wurden im Handlungsfeld „Digitales Organisationshandeln“ mit Hilfe der Design-Thinking-Methode identifiziert. Design Thinking ist ein Ansatz, der zum Lösen von Problemen und zur Entwicklung neuer Ideen führen soll. Ziel ist es, Lösungen zu finden, die aus der Sicht der Anwendenden überzeugend sind (genaues Vorgehen unter dem Bereich Methoden auf dieser Webseite).
In den Workshops entwickelten Haupt- und Ehrenamtliche in Teams aufgeteilt Mindmaps zum Thema Digital Organizing. Relevante Themenfelder für eine mögliche digitale Lösung wurden so identifiziert. Mit der Beschreibung von Personas erarbeitet die aus den Haupt- und Ehrenamtlichen gebildete Projektgruppe, welche Erwartungen potenzielle Nutzer*innen an digitale Dienstleistungen ihrer Gewerkschaft haben. Um danach möglichst viele Ideen für prototypische Entwicklungen zu generieren, wurde die 6-3-5 Methode angewandt. Mit dem Einsatz dieser Instrumente konnten innerhalb von zwei Tagen im Workshop ca. 18 Ideen für digitale Unterstützung im Haupt- und Ehrenamt erarbeitet werden.
Da sich der Erfolg von Ideen auch an der Akzeptanz misst, wurden die Ideen in einer Art „Reality Check“ von Kolleg*innen vorgestellt und Feedback eingeholt. Diese Ergebnisse wurden in einem erneuten Workshop besprochen, um auf dieser Basis visuelle Prototypen anzufertigen und durch die Projektgruppe bewerten zu lassen.
Lösungen zur digitalen Unterstützung: das digitale Beitrittsformular und Self-Service Portal
Im Ergebnis sahen die ehrenamtlich Aktiven und die Hauptamtlichen in Bezug auf das digitale Organisationshandeln die Bereiche „Beteiligung & Aktivierung“ als auch „Kampagne, Mobilisierung & Mitgliedergewinnung“ als prioritär an. Ein Teil der von der Projektgruppe favorisierten Prototypen waren so umfangreich und aufwendig, dass sie nicht mit den Rahmenbedingungen und vor allem Ressourcen des Forschungsprojekts korrespondierten. Daher wurden die digitalen Lösungen ausgewählt und entwickelt, die die Fachgruppe „Luftverkehr & maritime Wirtschaft“ in den Kampagnenauftritt ihrer Webseite „Aircrew Alliance“ integrieren kann. Das zahlte zugleich auf den Wunsch ein, „Medienbruchfreiheit“ zu gewährleisten.
Umgesetzt wurde ein digitales Beitrittsformular, das genau auf die Bedarfe von Kabinenpersonal und Pilot*innen zugeschnitten ist und eine vereinfachte Eingabe für die Antragstellenden gewährleistet. Ebenfalls unterstützt es in der Bearbeitung die zuständigen Gewerkschaftssekretär*innen, indem es den Prozess verschlankt, da wesentliche Arbeitsschritte digitalisiert wurden (bspw. Zuordnung der Zuständigkeiten in den ver.di-Landesbezirken).
In einem neuen Bereich im Kampagnenauftritt bzw. auf der Webseite der „Aircrew Alliance“ werden nun für die ver.di-Mitglieder Tarifunterlagen der unterschiedlichen Fluggesellschaften bereitgestellt. Das entwickelte Self-Service-Angebot führt zur Einsparung von Arbeitsschritten. So entfallen E-Mails oder Anrufe mit Nachfragen zu Tarifverträgen. Das nun online zur Verfügung stehende Portal sorgt für eine schnellere Bearbeitung des Anliegens der Mitglieder.
Viele Ideen, aber zu wenig Ressourcen – Herausforderungen im Projekt
Der Design-Thinking Prozess hat zu vielen Ideen geführt. Zudem hat er aufgezeigt, wie wertvoll eine nutzerzentrierte Entwicklung ist, damit eine digitale Lösung auch am Ende passt – einfach, indem viele unterschiedliche Perspektiven zusammenkommen und diskutiert werden. Der Prozess wurde für das Projekt angepasst und ist sicher auch nützlich für andere NPOs.
Da einige Ideen zu umfangreich und aufwendig waren, um diese im Rahmen eines Forschungsprojekts umsetzen zu können, konnte auf andere im Prozess entwickelte Bedarfe zurückgegriffen werden. Teilweise hätte eine Umsetzung eine wesentlich höhere Verfügbarkeit von Ressourcen erfordert. Daher musste darüber entschieden werden, welche Ideen aus dem großen Pool herausgeschnitten werden können, in der Komplexität reduziert und in der Zusammenarbeit mit einem externen IT-Dienstleister realisiert werden sollten. Diese Herausforderungen führen zu zeitlichen Aufwänden, die im Projekt mitgedacht werden wollen.
Weiterführende Informationen
https://innovation-gute-arbeit.verdi.de/ueber-uns/forschungsprojekte/digilab
Aircrew Alliance: https://aircrewalliance.com/