Der Prototyp ‚BR 1 online‘ kurz erklärt
Warum braucht es den Prototyp ‚BR 1 online‘?
Als gewerkschaftlicher Bildungsträger konzipiert und organisiert ver.di b+b Weiterbildungen für gesetzliche Interessenvertretungen, zu denen auch Betriebsräte gehören. Die Rahmenbedingungen von Weiterbildungen für Betriebsratsmitglieder sind hinsichtlich Inhalts, Umfangs und Zielgruppe durch das Betriebsverfassungsgesetz geprägt und weitestgehend vorgegeben.
Die Weiterbildungen fanden lange ausschließlich als Präsenzveranstaltungen statt – meist mit Übernachtung in einer Bildungsstätte. Mit der zunehmenden Digitalisierung – und nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie verstärkt – werden digitale Lernangebote immer stärker nachgefragt. Insgesamt zeigt sich bei Betriebsräten und auch anderen gesetzlichen Interessenvertretungen eine große Offenheit für digital unterstütze Lernformate – sofern einige Anforderungen der Zielgruppe berücksichtigt werden. Der Aufbau von Handlungskompetenzen, der Bedarf an Austausch, Vernetzung und gemeinsamem Lernen stehen dabei im Vordergrund. Der Studienreport „Lernen zwischen Tradition und Transformation“ beschreibt umfassend die Anforderungen der Zielgruppe und die Ausgangslage bei ver.di b+b als NPO.
Der Prototyp ‚BR 1 online‘ wurde als digitales Lernangebot mit dem Ziel entwickelt, neue Zielgruppen zu erreichen und dabei den (Lern-)Anforderungen der Betriebsratsmitglieder und den Herausforderungen als NPO an digitales Lernen gerecht zu werden.
Entwicklung mit Design-Thinking – Wie war das Vorgehen und wer war beteiligt?
Der Prototyp ‚BR 1 online‘ wurde nach der Vorgehensweise des Design-Thinkings entwickelt. Ausgangspunkt des Prozesses war eine Umfrage unter gesetzlichen Interessenvertretungen. Es erwies sich als wichtiger Schritt, die Zielgruppe genau zu analysieren. Der Zeitraum – mitten im Lockdown während der Corona-Pandemie – erschwerte dies aber. Die komplexe Analyse der Zielgruppe und auch die Analyse der Herausforderungen einer NPO waren notwendig, weil es bisher wenige wissenschaftliche Erkenntnisse dazu gab. Aus den Ergebnissen wurde ein didaktisches Rahmenkonzept entwickelt und Umsetzungsideen in verschiedenen Workshops gesammelt und konkretisiert. Beteiligt waren dabei von vornherein insbesondere die haupt- und ehrenamtlichen Akteur*innen, die üblicherweise bei der Konzeption von Bildungsangeboten mitwirken: freiberufliche und ehrenamtliche Referent*innen (Teamende) und Bildungsreferent*innen von ver.di b+b. Der große Nutzen dabei: Die unterschiedlichen Perspektiven konnten berücksichtigt werden und so war die Offenheit für die Neuerungen groß. Entstanden ist ein interaktives Online-Lernangebot des inhaltlich komplexen Seminars für neu gewählte Betriebsratsmitglieder.
Außerdem ist es insgesamt sinnvoll, digitale Lernangebote kontinuierlich zu evaluieren und weiterzuentwickeln. Die Evaluationsergebnisse in der Pilotierung zeigten sehr deutlich, wie individuell die Anforderungen ans digitale Lernen sind und dass eine hohe Situationskompetenz der Teamenden nötig ist.
Wie wurde der Prototyp ‚BR 1 online‘ getestet?
Der ausgearbeitete Prototyp ist ein digitales Lernangebot für neu gewählte Betriebsratsmitglieder und wurde mit drei unterschiedlichen Teilnehmendengruppen getestet und evaluiert. Inhaltlich geht es um die komplexe Rolle des Betriebsrats im Betrieb: Welche Aufgaben hat er? Wie können die vielfältigen Anforderungen an dieses Ehrenamt erfüllt werden? Der Themenumfang entspricht ca. 40 Stunden Lernzeit. Ziel des Prototyps war es, die komplexen und anspruchsvollen Themen dieser Weiterbildung in einer digitalen Lernumgebung spielerisch und handlungsorientiert umzusetzen und dabei einer werteorientierten Bildungsarbeit treu zu bleiben.
Das Konzept sieht vor, dass ein Fantasiegremium die Teilnehmenden auf den ersten 100 Tagen im Amt begleitet – sowohl inhaltlich als auch organisatorisch. So werden einerseits Orientierung, andererseits Lern- und Reflexionsanlässe auf individueller Ebene und in der Gruppe geschaffen. Der Prototyp wird über eine Lernplattform realisiert und beinhaltet sowohl Live-Online-Treffen als auch Selbstlerneinheiten. Er findet mit einer festen Lerngruppe und festen Lernbegleitung statt. Zusätzlich wurde ein Raum für informelle Kommunikation geschaffen.
Für ver.di b+b hat es sich bewährt, den Prototypen überwiegend selbst zu entwickeln und nur kleine Teilprojekte extern einzukaufen. So konnten intern die Kompetenzen aufgebaut werden, um auch zukünftig gute, digitale Bildungsarbeit umsetzen zu können. Dabei half es auch, sich im Schwerpunkt für Open Source-Lösungen zu entscheiden.